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LIT:podcast

STEFANIE SCHUSTER IM GESPRÄCH MIT HANNS-JOSEF ORTHEIL

8. April 2019, Potsdam, Palais Lichtenau

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hanns-Josef Ortheil lädt ein zur Mittelmeerreise 

Bloß nichts wegschmeißen!

Wer das Leben in Worte fassen will, der muss es zuerst einmal beschreiben. Genau das ist die Spezialität des gebürtigen Kölners Hanns-Josef Ortheil, dem der geodätisch-korrekte Vater zu seiner ganz eigenen Sprache verhalf. Wohl auch deshalb steht der Vater in vielen autobiographischen Büchern Ortheils neben ihm im Mittelpunkt; wie in dem im Herbst 2018 erschienenen Roman „Die Mittelmeerreise“. Auch, um Appetit auf die kommende Lit:potsdam zu machen, hatte der Verein den „Writer in Residence“ des Jahres 2017 zu einer Lesung daraus ins Potsdamer Palais Lichtenau eingeladen.

   

In „Die Mittelmeerreise“ beschreibt der erfolgreiche Autor, wie er einst als 15-jähriger an der Seite seines Vaters ein Frachtschiff im holländischen Antwerpen bestieg, um Europa in aller Langsamkeit zu umrunden. Das Ziel: Istanbul. Ortheil stützt sich dabei auf Material aus gleich vier Quellen, wie er, selbst zutiefst amüsiert erzählte. Es handelt sich um seinen eigenen Reisebericht, den er, im Anschluss an die abenteuerliche Fahrt im Jahr 1967 seinen Eltern zu Weihnachten schenkte; dazu seine eigenen Tagebuchnotizen („die hatte ich ganz vergessen!“), die Tagebucheinträge seines Vaters, von denen er gar nichts geahnt habe – „und die Postkarten, die wir an meine Mutter schrieben. Und die waren alle total verlogen“, schmunzelt Ortheil. Denn die herzkranke Mutter sollte sich ja keine Sorgen machen, während Mann und Sohn auf dem Frachter in schwersten Stürmen über der Reling oder sonst wo hingen. 

Die ungeheure Materialsammlung, aus der Ortheil schon seit Jahrzehnten schöpft, soll jedoch nicht nur dazu dienen, witzige, kluge Romane „zu nähen“, wie er selbst sagt, sondern auch andere ermuntern, die Artefakte ihres eigenen Lebens zu bewahren. Dazu – und zum ständigen, niedrigschwelligen Schreiben – ermunterte Ortheil die Zuhörer. Er selbst will, wie in seiner Geschichtensammlung „Was ich liebe und was nicht“ erträumt, aus Manuskripten, Vorlagen und Erinnerungsstücken in seiner zweiten Heimat, dem Ort Wissen an der Sieg, eine Art begehbare Installation machen. Das kündigte er im Gespräch mit Stefanie Schuster an.

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Hanns-Josef Ortheil beim Signieren nach der Lesung im Palais Lichtenau, Foto: privat.

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